Bericht
Rückblick auf den digitalpolitischen Frühlingsabend am 19.04.2024
13.05.2024 Leo
Austauschrunden im Weizenbauminstitut
2024 sind auf der gesamten Welt circa 2 Milliarden Menschen zur Wahl aufgerufen. Egal ob in Apolda oder Pforzheim, egal ob in Miami, Monterrey, Moskau oder Mumbai – fast überall steht dabei auch Faschismus auf dem Wahlzettel. Dass dem so ist, liegt nicht zuletzt daran, dass Faschisten weltweit Online erfolgreich ein immer größeres Publikum mit ihrer menschenverachtenden Ideologie erreichen. Emotionalisierung, Polarisierung, Desinformation, Hass & Hetze – Rechtsextreme bedienen geschickt die Wirkweise von Social Media Plattformen für ihre Agitation. Mit dem Auftakt zum digitalpolitischen Frühlingsabend haben Maximilian aus der Bits & Bäume Koordinationsstelle und Anja vom Konzeptwerk Neue Ökonomie nochmal die Dringlichkeit unterstrichen den Faschisten im Superwahljahr auch in der Digitalpolitik genau auf die Finger zu schauen und sich entschlossen entgegen zu stellen. In seiner Keynote hat Fabian Klinker vom Institut für Demokratie und Zivilgesellschaft im Anschluss über den Rechtsruck im Netz entlang der Mobilisierung, Kommunikation und Strategien rechter Akteur*innen in digitalen Öffentlichkeiten nachgezeichnet. Ein im Verlaufe des Abend immer wiederkehrendes Thema, ist das extrem erfolgreiche Auftreten der AfD auf der Plattform TikTok. So gelingt es der AfD, ihre rechtsextremen Inhalte und Ideologien grade bei jungen Menschen zu platzieren. Weiterhin hat Fabian , die Ausdauer und Beharrlichkeit rechter Akteure im Kapern von Onlinediskursen beispielsweise rund um den Ukraine-Krieg betont und uns Einblicke in die Mobilisierung zu rechten Corona-Demos und Montagsspaziergängen auf dem Messenger Dienst Telegram gegeben. Schließlich kam er zum Schluss, dass „Social Media [zwar] nicht der Ursprung extremer Ideologien [sei], aber ein Katalysator für menschen- und demokratiefeindliche Narrative und Akteur*innen“. Es sei jetzt wichtig, einen angemessenen Umgang in Form von beispielsweise regulatorischen Maßnahmen damit zu finden.
In drei verschiedenen Workshops haben wir uns im Anschluss in kleineren Gruppen mit verschiedenen Schwerpunktthemen auseinandergesetzt. Im Workshop von Ceren Türkmen vom Zentrum für Erinnerungskultur zum Thema „Geteiltes Erinnern in der digitalen Migrationsgesellschaft als Rassismuskritik“ ging es um die Arbeit der Initiative Duisburg 1884 und das Projekt „Ein Anderes Duisburg“. Die Initiative hat einen Gedenkort für die sieben Ermordeten des rassistischen Brandanschlags im Jahr 1984 auf ein Wohnhaus in Duisburg-Wanheimerort erstritten. „Ein anderes Duisburg“ setzt sich aus einer rassismuskritischen Perspektive mit der Migrationsgeschichte der Stadt Duisburg auseinander und macht mit einer Webdokumentation, Stadtgesprächen, einem zivilgesellschaftlichen Beirat und einer Archivsammlung eindringliche Migrations-, Flucht- und Rassismuserfahrungen von Duisburger*innen sichtbar. Es erinnert damit an Solidarität und Widerstände.
Im Workshop „#ViralHate – Strategien der extremen Rechten“ hat Lara Niederberger aus dem Projekt WirsindAntiAnti Mechanismen der Online-Radikalisierung vorgestellt, die wir anschließend in verschiedenen Lernmethoden vertieft haben. Der Workshop hat eindringlich gezeigt, wie die extreme Rechte gezielt Algorithmen verschiedener Social Media Plattformen nutzt, um ihre menschenverachtenden Ideologien erfolgreich zu verbreiten. Besonderes Augenmerk wurde auch hier auf die Relevanz der Plattform TikTok zur Verbreitung rechtsextremer Inhalte, sowie die hervorgehobene Rolle der AfD dabei, unter jungen Menschen gelegt.
Im Workshop „Wie die Klimakrise zur Häufung von Shitstorms beiträgt – und was man dagegen tun kann“ hat Uli Grießhammer von HateAid über verschiedene Formen von Gewalt im Netz gesprochen. Insbesondere bei Themen wie Migration und Klima kommt es immer wieder zu massiver digitaler Gewalt, die insgesamt verstärkt Frauen und queere Personen trifft. Ulli hat uns verschiedene Möglichkeiten, gegen digitale Gewalt vorzugehen und insbesondere die Beratungsangebote von HateAid vorgestellt.
Im Anschluss der Workshops sind wir nochmal alle zusammengekommen, um über Strategien in Bezug auf den Umgang mit dem Rechtsextremismus auf sozialen Medien, die Integration von Antifaschismus in unserer digitalen Arbeit, sowie mögliche Handlungsoptionen für das Superwahljahr 2024 zu diskutieren. Von digitalen Partisanen, zur Forderung der Förderung alternativer Plattform-Modelle weg von der Aufmerksamkeitsökonomie, über große digitale Kampagnen, die die Betroffenen rechter Gewalt in den Mittelpunkt stellen, waren viele kreative Ideen dabei. Es ist jetzt an uns, diese Ideen in die Tat umzusetzen! Bei einem gemütlichen Get-Together und leckeren, veganen Häppchen konnten wir unsere Diskussionen fortführen und den Abend ausklingen lassen.