Interview
Unsere neue Koordinatorin Rike stellt sich vor!
Friederike (Rike) Hildebrandt arbeitet seit dem 1.7.2024 als Koordinatorin für Bits & Bäume. Neu ist sie im Netzwerk nicht, denn sie hat zuvor den BUND, bei dem sie die letzten 3 Jahre gearbeitet hat, im Trägerkreis vertreten. Beim BUND hat Rike vor allem zu den Themen Digitalisierung und Nachhaltigkeit, sowie Ressourcenschutz gearbeitet. Außerdem bringt sie viel Fachwissen aus ihrem VWL Studium, sowie einem Master in International Development Studies mit. Im Interview mit Leo, die als wissenschaftliche Hilfskraft in der Koordinationstelle arbeitet, berichtet sie nun, worauf sie sich in der Bits & Bäume Arbeit freut und welche Themen ihr am Herzen liegen.
11.07.2024 Leo
Rike © Ian Clothworthy
Leo: Wir starten mit der Klassiker-Frage: Bit oder Baum?
Rike: Historisch bin ich ein Baum, weil ich in der Klimabewegung politisiert bin und VWL studiert habe. Nach drei Jahren Arbeit an der Schnittstelle zwischen Digitalisierung und Nachhaltigkeit bin ich aber auf jeden Fall ein Baum, an dem auch Bits wachsen.
Was motiviert dich jetzt für Bits & Bäume zu arbeiten?
Digitalisierung als Megatrend verändert die ganze Welt und wird bisher extrem durch BigTech und Konzerninteressen geprägt. Das Ganze ist extrem vermachtet und monopolisiert. Bits & Bäume ist eine wichtige Bewegung, um diese Trends aufzubrechen. Man könnte sagen: wir sind der Löwenzahn, der aus dem Beton der digitalen Monopole wächst. Wir bringen Perspektiven von Menschenrechten und Umweltschutz und Nachhaltigkeit in die Debatte um Digitalisierung, die sonst sehr schnell verloren gehen. Das finde ich sehr wertvoll.
Und worauf freust du dich in der Bits & Bäume Arbeit?
Ich finde die Bits & Bäume Community wahnsinnig kreativ, da gibt es immer tolle Ideen. Die Organisationen des Trägerkreises stoßen fruchtbare Debatten an und erarbeiten daraus sehr sinnvolle Forderungen. Und natürlich freue ich mich auf die nächste Konferenz und alle Veranstaltungen, die so kommen. Grundsätzlich ist es immer schön bei Bäume & Bäume. Man merkt einfach, dass im besten Sinne die Funken sprühen, wenn die Bits und die Bäume aufeinandertreffen.
Du hast ja 3 Jahre vorher beim BUND gearbeitet. Was bringst du aus deiner Arbeit dort mit?
Da der BUND ein großer Mitgliederverband ist, habe ich eng mit Ehrenamtlichen gearbeitet. Das habe ich immer geschätzt. Außerdem mochte ich den lokalen Bezug, den der BUND zu Naturschutz-Themen hat. Es hat mal ein Kollege gesagt: Wenn es eine Klage wegen einer Feldhamsterpopulation gibt, dann gibt es im BUND jemanden, der den Feldhamster persönlich kennt. Das war sehr bewegend und motivierend. Ich bringe also auf jeden Fall die Liebe für Community Arbeit und auch viel Fachwissen über Umweltschutz mit. Grade im Bereich Ressourcen und Kreislaufwirtschaft habe ich viel gelernt und bringe das gerne ein, wenn gewünscht. Meine Hauptaufgabe bei Bits & Bäume ist ja eigentlich keine inhaltliche, sondern eine koordinatorische.
Welche Themen an der Schnittstelle zwischen Nachhaltigkeit und Digitalisierung sind dir denn besonders wichtig?
Mich interessiert das Thema Technofixes sehr, also die Betrachtung von gesellschaftlichen Problemen, die wir probieren mit Technik zu lösen, obwohl es eigentlich eine gesellschaftliche Lösung braucht. Blockchain ist da ein sehr gutes Beispiel für, also so nach dem Motto: Wir müssen das Finanzsystem reformieren, aber vielleicht können wir auch einfach eine neue Technologie benutzen.* Und das gibt es ja an ganz vielen Stellen. Es gibt immer wieder digitale Trend-Themen von Big Data, Blockchain über aktuelle KI, die wie eine fast magische Lösung für diverse politische Probleme behandelt werden. Dabei sind es technische Anwendungen, mit Grenzen, die soziale und politische Veränderungen nicht ersetzen können. Außerdem bewegt mich das Thema Ressourcen und Lieferketten, sowohl auf der Arbeitsebene, also wer baut die Ressourcen ab und wer trainiert die KI, und auf der anderen Seite die Frage, welche Ökosysteme wir für den immensen Ressourcenbedarf der Zukunftstechnologie zerstören und belasten.
Welche Herausforderungen im Themenbereich Nachhaltigkeit und die Digitalisierung siehst du verstärkt in den nächsten Jahren?
Die Digitalisierung entwickelt sich sehr schnell und die Politik kommt häufig nicht hinterher. Wir haben ein großes Problem, dass uns zu den Umweltauswirkungen von digitalen Technologien exakte, globale Daten fehlen, vor allem in Bezug auf Rechenzentren oder Ressourcenverbrauch. Bisher gibt es nur grobe Messungen und Schätzungen. Es könnte sein, dass die Auswirkungen der Digitalisierung auf Nachhaltigkeit noch viel größer sind, als wir sie gerade einschätzen.
Und jetzt die letzte Frage: wenn du eine (politische) Sache sofort ändern könntest, welche wäre das?
Im Bits & Bäume Themengebiet: Dass die digitalen Infrastrukturen, die wir jeden Tag nutzen, wie Kartendienste, E-Mail-Programme usw. alle Open Source sind und einen starken Datenschutz haben. Die digitalen Grundbedürfnisse und Infrastrukturen sollten nicht von Tracking geprägt sein, sondern nur die Funktionalität haben, die wir in unserem Alltag brauchen.
Und wenn es nicht unbedingt aus dem aus unserem Bereich wäre?
Einen bundesweiten Mietendeckel fände ich richtig gut, und eine starke Erbschafts- und Vermögenssteuer sind meiner Meinung nach überfällig. Insgesamt gute Pläne für eine soziale ökologische Transformation, die die Klimakrise genauso angeht, wie die wachsende soziale Ungleichheit.
*Anm.: Wer mehr zum Thema Blockchain und Nachhaltigkeit lesen möchte, kann im Bits & Bäume Begleitbuch zur Konferenz 2022 den Beitrag „No Blockchains on a Dead Planet“ von Friederike Hildebrandt und Paul Robben (Seite 21) lesen.