Brief

Demokratie schützen, Gemeinwohl fördern: Online-Plattformen brauchen Kontrolle

Gemeinsam mit einem breiten gesellschaftlichen Bündnis von mehr als 75 NGOs, Kirchen, (Wirtschafts-)Verbänden und Bündnissen mit über 1.000 Mitgliedsorganisationen fordern wir die Verhandlungsführenden von CDU/CSU und SPD in einem heute veröffentlichten Brief auf, die Kontrolle von Online-Plattformen und eine gemeinwohlorientierte Digitalisierung auf die Agenda der Sondierungsgespräche zu setzen!

04.03.2025

Die Marktmachtkonzentration und die Kontrolle der Plattformen durch einige Tech-Unternehmen, sind ein Risiko für Europas digitale Souveränität, Menschenrechte und Demokratie!

Unsere Forderungen:

Der offene Brief

Sehr geehrter Herr Merz,
sehr geehrter Herr Dr. Söder,
sehr geehrter Herr Klingbeil,

die Nachrichten rund um den Amtseintritt von Donald Trump unterstreichen die problematische Verquickung von politischer, medialer und ökonomischer Macht im Bereich von digitalen Plattformen. Davon sind auch Deutschland und Europa betroffen.

Dass der plattformbezogene Austausch polarisiert und antidemokratische Kräfte beflügelt werden, ist kein unglücklicher Zufall, sondern Programm: Algorithmische Empfehlungssysteme, die das Extreme, Emotionalisierende und Spaltende fördern, sind ein höchst lukratives Geschäftsmodell. Das hat Folgen für unsere Demokratie. Die Zunahme von Hassrede im Digitalen vertreibt marginalisierte Gruppen aus dem öffentlichen Diskurs und führt zu Gefährdungen, auch im analogen Leben. Desinformationen erschweren konstruktiven Austausch und Politikgestaltung zu den drängenden Problemen unserer Zeit wie der Klimakrise.

Die Marktmachtkonzentration und die Kontrolle der Plattformen durch einige Wenige, insbesondere die Abhängigkeit von Tech-Unternehmen aus den USA und China, sind ein Risiko für Europas digitale Souveränität, Wohlstand und Demokratie. Wer, wie und wann am Austausch teilhaben kann, liegt in der Hand von Konzernen und deren CEOs, deren Interessen teilweise von rechtsradikalen oder autoritären Kräften beeinflusst bzw.
bestimmt sind. Das zeigt die massive Unterstützung von Musk mit seiner Plattform X für Trump und rechtsradikale Parteien in Europa, genauso wie Metas Abkehr von Faktenchecks und Hassrede-Moderation in vorauseilendem Gehorsam gegenüber Trump. Zugleich nutzen große Tech-Unternehmen ihre Allianz mit politischen Kräften aus, um die
Regulierung von Plattformen in ihrem Interesse zu beeinflussen. Das zeigt zum Beispiel die Drohung aus der neuen US-Administration, entsprechende Regulierung in der EU durch vergeltende Maßnahmen in anderen Politik-Feldern zu beantworten.

Diese Entwicklung ist nicht unausweichlich: Mit den richtigen Rahmenbedingungen für algorithmische Systeme können Online-Plattformen gesellschaftlichen Diskurs ohne solche negativen Begleiterscheinungen fördern. Wichtige Schritte dahin sind eine konsequente Durchsetzung bestehenden EU-Rechts, das Schließen regulatorischer
Lücken und die gezielte gemeinwohlorientierten Plattform-Alternativen.

Für Europa könnte der Ausbau von am Gemeinwohl orientierten Plattformen auch eine wirtschaftliche Chance darstellen: 80 Prozent der Technologien und Dienstleistungen, die für den digitalen Wandel in Europa entscheidend sind, werden immer noch außerhalb der EU entwickelt und hergestellt. Eine stärkere Orientierung am Gemeinwohl und an der Reduktion von Marktkonzentration kann auch europäischen Digital-Unternehmen bessere Perspektiven bieten. Diese leiden vielfach unter der Macht der großen Tech-Unternehmen und deren einseitigen Geschäftspraktiken.

Wir fordern Sie deshalb auf, sich in der kommenden Legislaturperiode entschlossen dafür einzusetzen, dass Online-Plattformen das gesellschaftliche Gemeinwohl und den demokratischen Diskurs fördern, um damit Hassrede, Desinformationen und gesellschaftliche Spaltung in die Schranken zu weisen. Zentral sind dabei drei
Handlungsfelder:

Sehr geehrter Herr Merz,
sehr geehrter Herr Dr. Söder,
sehr geehrter Herr Klingbeil,

die Ermöglichung eines offenen, faktenbasierten Diskurses und der Schutz vor antidemokratischer Einflussnahme sind Grundpfeiler einer lebendigen und wehrhaften Demokratie. Wir fordern Sie auf, den Umgang mit den in diesem Brief beschriebenen Herausforderungen zu einer prioritären Aufgabe der nächsten Legislaturperiode zu machen.

Unterzeichnenden Organisationen

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